Rezension
"Jedes Mädchen sitzt auf seinem Reichtum, bloß kapieren muss sie es", diesen Rat hatte Tante Letty der jungen Neill Kimball (1854-1934) auf dem Weg in die Stadt mitgegeben. Dort in St. Louis, wird sie mit 15 Jahren eine Hure und bringt es in diesem Metier bis zum Ende des 1. Weltkriegs zur Madame (sprich: Puffmutter) von 3 einschlägigen "Einrichtungen mit Tradition" im French Quarter, der sündigen Meile von New Orleans. Frisch, frech, unsentimental und sogar philosophisch ist diese Lebensbilanz der Geschäftsfrau gehalten. Sie liefert zugleich ein farbiges Sittenbild der goldenen Zeit der Bordelle, als "die ganze Stadt in einem See von Sperma zu versinken" schien, jener Epoche, als die Doppelmoral noch etwas galt und die Puffs den Männern aus der guten Gesellschaft das 2. Zuhause waren. Der Band, in den 20er-Jahren verfasst und nahezu unredigiert erst 1970 in den USA erschienen, wurde jetzt vom literarischen Trüffelschnüffler Enzensberger für seine "Andere Bibliothek" an Land gezogen. Ausgezeichnete Übersetzung, übrigens. (3)
Serie / Reihe: ¬Die andere Bibliothek
Personen: Kimball, Nell
ALLG 235 KIM
Kimball, Nell:
Memoiren aus dem Bordell / Nell Kimball. - Limitierte Erstausg. - Frankfurt am Main : Eichborn, 1999. - 402 S. : Ill. ; 22 cm. - (¬Die Andere Bibliothek ; 176)
Einheitssacht.: Her life as an American Madame by herself
ISBN 978-3-8218-4176-2 fest geb. : 49,50 + f
Zugangsnummer: 65900001870
ALLG 235 KIM - Sachlit. Erw